Liebe ROUMIE,
Hast du jemals das Gefühl gehabt, dass dein Tag einem Hochleistungs-Parcours gleicht, bei dem du von einer Aufgabe zur nächsten springst, ohne einmal durchatmen zu können? Zwischen Beruf, Kindern, Haushalt und dieser ständigen To-Do-Liste im Kopf bleibt selten Zeit für dich selbst. Willkommen in der Welt der Care-Arbeit – einer Arbeit, die so allgegenwärtig und gleichzeitig so unsichtbar ist.
Die unsichtbare Arbeit: Warum Care-Arbeit übersehen wird
Care-Arbeit umfasst alles: Kindererziehung, Haushaltsmanagement, Essen kochen, emotionale Unterstützung – und das oft neben einem Vollzeitjob. Ich weiß genau, wovon ich spreche, denn mein Tag sieht genauso aus:
Mein Alltag:
Ich arbeite Vollzeit und habe zwei Kinder. Mein Mann und ich teilen uns die Morgenroutine: Ich bringe unser jüngeres Kind in die Kita, während er das ältere Kind in die Schule fährt. Danach starte ich meinen Arbeitstag, jongliere berufliche Deadlines und private To-Dos, organisiere Mahlzeiten, fahre die Kinder zu ihren Freizeitaktivitäten, übernehme den Haushalt und bringe die Kinder abends ins Bett. Und wenn sie schlafen, setze ich mich oft nochmal an den Rechner, um berufliche Dinge zu erledigen.
Und das ist mein Alltag mit Unterstützung von meinem Mann! Dennoch bleibt so viel an mir hängen. Care-Arbeit wird eben oft als selbstverständlich angesehen – und genau das ist das Problem.
Eine Studie der OECD zeigt, dass Frauen weltweit mehr als dreimal so viel unbezahlte Arbeit leisten wie Männer. In Deutschland verbringen Frauen durchschnittlich 4 Stunden und 29 Minuten täglich mit unbezahlter Care-Arbeit, Männer hingegen nur 2 Stunden und 47 Minuten.
Die wirtschaftliche Falle: Teilzeit, Altersarmut und Abhängigkeit
Das Modell der „Teilzeitmama“ scheint auf den ersten Blick praktisch: Arbeiten, aber trotzdem genug Zeit für die Familie haben. In der Realität führt es jedoch oft zu wirtschaftlichen Nachteilen. Frauen in Teilzeit verdienen weniger, zahlen weniger in die Rentenkasse ein und riskieren Altersarmut.
Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung erhalten Frauen in Deutschland im Durchschnitt 46 % weniger Rente als Männer. Der Grund? Lücken im Lebenslauf durch Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen, gepaart mit Teilzeitmodellen.
Care-Arbeit ist also nicht nur eine unbezahlte Arbeit im Hier und Jetzt, sondern auch eine, die langfristige finanzielle Konsequenzen nach sich zieht.
Mental Load: Wenn der Kopf nie abschaltet
Neben der physischen Arbeit gibt es die psychische Last: Mental Load. Das ist diese unsichtbare To-Do-Liste, die nie endet und ständig in deinem Kopf herumspukt. Wer denkt daran, dass das Kind am Freitag das Kostüm für die Kita braucht? Wer organisiert den nächsten Kinderarzttermin?
Auch bei uns merke ich, dass ich diejenige bin, die sich diese Dinge merkt – auch wenn mein Mann mich unterstützt. Und das ist kein Einzelfall: Laut einer Studie der Universität Leipzig geben 67 % der Frauen an, sich durch Mental Load gestresst zu fühlen, während es bei Männern nur 34 % sind.
Mental Load ist unsichtbar, unbezahlt und doch allgegenwärtig. Sie führt oft zu Überforderung, Stress und sogar Burnout – und bleibt trotzdem meist unbemerkt.
Wie Care-Arbeit bezahlbar gemacht werden kann
Um Care-Arbeit sichtbar und bezahlbar zu machen, braucht es konkrete Maßnahmen:
- Faire Entlohnung: Eine staatlich finanzierte Vergütung für Care-Arbeit, ähnlich wie Elterngeld oder Pflegegeld, könnte die finanzielle Last ausgleichen.
- Steuerliche Vorteile für Familien: Kosten für Haushaltshilfen, Kinderbetreuung oder Pflege sollten vollständig steuerlich absetzbar sein. Zusätzlich könnten Familien Steuergutschriften erhalten, die direkt an diejenigen ausgezahlt werden, die Care-Arbeit leisten.
- Bessere Infrastruktur: Kostenlose oder subventionierte Kinderbetreuung und flexiblere Betreuungszeiten könnten Eltern entlasten.
- Professionalisierung von Care-Berufen: Höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für Erzieher:innen und Pflegekräfte stärken das gesamte System.
Diese Maßnahmen würden nicht nur die finanzielle Situation vieler Familien verbessern, sondern auch die gesellschaftliche Wertschätzung von Care-Arbeit stärken.
Empowerment: Wie wir Care-Arbeit sichtbarer machen können
Was können wir tun, um Care-Arbeit sichtbarer und wertgeschätzter zu machen? Hier ein paar Ansätze, die ich selbst ausprobiert habe:
- Teilen statt delegieren: Care-Arbeit ist keine „Hilfe“, die der Partner leistet, sondern eine gemeinsame Verantwortung. Aufgaben sollten gleichwertig verteilt werden – und zwar nicht nur die offensichtlichen wie Einkaufen, sondern auch die unsichtbaren wie Organisation und Planung.
- Eigene Grenzen ziehen: Es ist okay, nicht alles zu schaffen. Hilfe von außen anzunehmen – sei es durch Großeltern, Babysitter:innen oder Freunde – ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstfürsorge.
Fazit: Care-Arbeit ist Arbeit – und sie verdient Anerkennung
Care-Arbeit ist kein Hobby, kein Lifestyle und schon gar keine „natürliche“ Aufgabe. Sie ist echte Arbeit – mit echten Konsequenzen. Es ist an der Zeit, dass wir Care-Arbeit sichtbarer machen und sie wertschätzen. Denn nur so können wir als Gesellschaft gerechter werden.
Und denk daran: Du musst nicht alles allein schaffen. Es ist okay, Unterstützung zu suchen, Grenzen zu setzen und dir selbst Raum zu geben.
Sei gut zu dir und der Rest kommt von allein!
Deine Ha.